Gedicht und Kränzchen für den EhrensängerHeutzutage sind Mitglieder-Ehrungen in Vereinen eher eine trockene Angelegenheit - es gibt Urkunden und Anstecknadeln und in besonderen Fällen eine Flasche Wein oder einen Blumenstrauß. Dann kommt noch das Foto in die Zeitung - fertig. Ganz anders sah es noch vor rund 80 Jahren aus! Das entnehmen wir einem Artikel der "Schwäbischen Sängerzeitung" vom 3. April 1926. Unter der Überschrift "Ein seltenes Jubiläum" wird in einem Artikel (mit Foto) über die Ehrung eines verdienten Holzgerlinger "Liederkranz"-Sängers Folgendes berichtet: "Unlängst waren es 50 Jahre, dass Herr Gottlob Binder, Küfermeister, dem "Liederkranz Holzgerlingen" beitrat, dessen ältestes Ehrenmitglied er heute noch ist. Auch wenn ihm das aktive Mitwirken selbst nicht mehr möglich ist, so verfolgt er die Vereinsentwicklung immer noch mit größtem Interesse und wohnt jeder Veranstaltung mit großer Freude bei. Der Verein ehrte nun am Ostersamstag sein treues, verdientes Mitglied durch ein Abendständchen, zu dem sich auch die Söhne und Töchter des Jubilars eingefunden hatten. Nach Beendigung des zweiten Liedes brachte ein Sänger einen für diesen Zweck selbstverfassten Prolog zum Vortrag, in welchem die Treue und Anhänglichkeit des Gefeierten zum "Liederkranz" besonders hervorgehoben wurde. Es lautete:
Ein Kränzchen, gewunden von zarter Mädchenhand, schmückt nun das Haupt des Alten Sängers und es war rührend zu sehen, wie einige Freudentränen in seinen Augen perlten, war es doch eine gut gelungene Überraschung für ihn, wie auch für den Verein selbst. - Feierlich klang auch das dritte Lied in die stille Nacht hinein. Zwei Söhne des Jubilars dankten dem Verein überaus herzlich für die Ehrung und luden die Sänger zu einem gemütlichen Beisammensein in das Gasthaus zum Ochsen. Nachdem auch da einige Lieder verklungen waren, überreichte der Vorstand dem Gefeierten eine vom Verein für diesen denkwürdigen Tag angefertigte in Holz gebrannte Gedenktafel, woraus auch die Treue des Vereins zu einem solchen Ehrenmitglied gelesen werden kann. Für manchen Sänger muss es ein erhebendes Gefühl gewesen sein, die Freue des Alten zu beobachten und für viele mögen dessen unverbrüchliche Treue zum Verein und Gesang ein nie verschwindendes Vorbild sein. Leider ist der Autor dieses wörtlich übernommenen Artikels, der uns zufällig im Archiv des Heimatmuseums in die Hände fiel, nicht bekannt.
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