Ein Gänse-Ei zur KonfirmationVielleicht ist es für heutige Konfirmanden interessant zu erfahren, wie dieses wichtige Fest im schwierigen Nachkriegsjahr 1947 gefeiert wurde? Der Krieg war gerade einmal zwei Jahre vorbei, die Lebensmittel knapp und rationiert und die Läden leer. Holzgerlingen hatte sich noch nicht von der Zerstörung durch den Fliegerangriff 1943 erholt und der Flüchtlingsstrom aus dem Osten hatte längst eingesetzt. Einige Väter der Konfirmanden waren im Krieg gefallen oder noch in Kriegsgefangenschaft. Der Jahrgang 1932/33 feierte am 23. März Konfirmation. Der große Unterschied zur heutigen Generation war, dass mit dem Tag der Konfirmation für fast alle Beteiligten ein völlig neuer Lebensabschnitt begann, denn bis auf zwei Oberschüler beendeten alle 50 Konfirmanden im Frühjahr 1947 ihre Schulzeit und traten den Schritt in ein neues Leben an. Die Buben gingen in die Lehre und erlernten einen Beruf, aber die Mädchen hatten damals nur geringe Chancen auf Weiterbildung. Sie hatten die Wahl zwischen Erlernen des Haushalts, Besuch einer Nähschule oder einer Privatschule für Steno- und Maschinenschreiben und der Arbeit in einer Fabrik. Oder aber man bekam eine Stelle als - wie es damals hieß - Dienstmädchen in einem fremden Haushalt oder in einem landwirtschaftlichen Betrieb. Die Vorbereitungen für die Konfirmation gestalteten sich oft schwierig. Das fing bei der Kleiderfrage an, denn damals gingen alle Mädchen in schwarz. Da es weder Kleider noch Stoffe zu kaufen gab, musste improvisiert werden. Entweder man lieh sich ein Kleid oder man zauberte aus zwei aufgetrennten Altkleidern ein Neues - da waren die Näherinnen sehr kreativ. Bei den Buben war es gut, wenn man einen älteren Bruder oder Freund hatte, der einem seinen Anzug ausgeliehen hat! Vorbereitet wurden die Konfirmanden in einem zweijährigen Unterricht durch den Ortspfarrer. Im ersten Jahr ging man in den so genannten Zuhörer-Unterricht, im zweiten Jahr in den Konfirmandenunterricht. Es mussten Teile des Katechismus, Bibelsprüche und ganze Liedertexte auswendig gelernt werden. Ein Jahr lang war der Besuch des sonntäglichen Gottesdienstes für die angehenden Konfirmanden Pflicht! Am Tag vor der Konfirmation war es ihre Aufgabe, den Kirchplatz zu fegen und die Girlanden an den Türen anzubringen. Feierlich und singend zogen die Konfirmanden am Sonntag in die Kirche ein und jeder hatte zwei Bibelsprüche aufzusagen. Man war ziemlich aufgeregt und jeder Konfirmand war froh, wenn er seine Sprüche fehlerfrei aufgesagt hatte. Dann folgten Predigt und Einsegnung mit Überreichung des Denkspruchs. Mit diesem Gottesdienst legten die jungen Leute ihr Bekenntnis zur Kirche und zu ihrem Glauben ab - das ist ja bis heute der eigentliche Sinn der Konfirmation. Das erste Abendmahl feierte man am nächsten Sonntag im Gottesdienst. Der weltliche Teil des Konfirmationstages gestaltete sich vor 60 Jahren ungefähr so: das Konfirmationsessen fand im Elternhaus statt und da Fleisch Mangelware war, gab es in vielen Familien den damals obligatorischen Hasenbraten. Im Krieg hatte sich fast jede Familie zur Bereicherung des kargen Speisezettels einen Hasenstall hinter dem Haus zugelegt. In den bäuerlichen Familien gab es Schweinebraten aus der Hausschlachtung und nach einem weiteren Gottesdienst am Nachmittag traf man sich dann mit der Verwandtschaft zu Kaffee und Kuchen. In Gaststätten fanden damals keine Konfirmationsessen statt. Der allergrößte Unterschied zu heute waren aber die Konfirmationsgeschenke! Ausnahmsweise möchte ich hier meine eigenen Erfahrungen einbringen, da ich im Nachlass meiner Mutter meine Geschenkliste von damals gefunden habe. Es war üblich, dass man zur Konfirmation von vielen Verwandten, Nachbarn und Freunden beschenkt wurde - allerdings im damals möglichen bescheidenen Rahmen. Hier Auszüge aus der Geschenkliste:
Ohne Frage haben wir uns damals über alle Geschenke sehr gefreut und ein Vergleich mit den heutigen Geschenk-Erwartungen ist wohl überflüssig!
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